Drohnen – Ein neues Haftungsrisiko?

Quelle: Deutsche Rückversicherung Aktiengesellschaft 7/16
Die Verkaufszahlen für Drohnen steigen und steigen. Nicht nur in den USA, wo Drohnen inzwischen so beliebt sind, dass Privatleute ihre Drohnen registrieren lassen müssen, um im Schadenfall eine Zugriffsmöglichkeit zu haben, sondern auch in Deutschland. 300.000 Exemplare sind allein 2015 verkauft worden. Waren in der Vergangenheit Drohnen eher durch den Einsatz für militärische Zwecke bekannt, werden sie nunmehr vielfach als Hobby privat oder auch gewerblich genutzt. Dass es dabei auch zu Schäden kommt, ist inzwischen Realität. Nicht zu unterschätzen ist zudem der Missbrauch von Drohnen für terroristische Zwecke. Sicherheitsexperten warnen derzeit vor Angriffen mit Drohnen auf Fußballstadien rund um die UEFA Europameisterschaft. So entwickelt sich inzwischen auch das Drohnen-Abwehr Geschäft rasant weiter.
WAS IST EINE DROHNE? FLUGMODELL ODER UNBEMANNTES LUFTFAHRTSYSTEM?
Umgangssprachlich werden als Drohnen zumeist Luftfahrzeuge verstanden, die ohne eine an Bord befindliche Besatzung autark durch einen Computer oder vom Boden über eine Fernsteuerung betrieben und navigiert werden. Unstreitig ist, dass es sich um ein unbemanntes Luftfahrzeug handelt. Für Luftfahrzeuge gelten diverse Rechtsvorschriften wie u. a. das Luftverkehrsgesetz (LuftVG), die Luftverkehrsordnung (LuftVO) und die Luftverkehrszulassungsordnung (LuftVZO).
Eine gesetzliche Definition des Begriffs Drohne existiert derzeit noch nicht. Die im Einzelfall erforderliche Abgrenzung zwischen unbemannten Luftfahrtsystemen und Flugmodellen im Sinne von § 1 Absatz 2 Nummer 9 LuftVG erfolgt ausschließlich über den Zweck der Nutzung. Dient die Nutzung des Geräts dem Zweck des Sports oder der Freizeitgestaltung, so gelten die Regelungen über Flugmodelle. Ist mit dem Einsatz ein sonstiger, insbesondere gewerblicher Zweck verbunden (z. B. Bildaufnahmen mit dem Ziel des Verkaufs), so handelt es sich um ein unbemanntes Luftfahrtsystem (§ 1 Absatz 2 Satz 3 LuftVG). Die Unterscheidung zwischen Flugmodell und unbemanntem Luftfahrtsystem bringt unterschiedliche Vorschriften und Bedingungen mit sich. Auch die Drohnenversicherer unterscheiden zwischen den genannten Nutzungsarten der Drohnen.
WOFÜR WERDEN DROHNEN GENUTZT?
Drohnen werden privat beispielsweise für Luftbildaufnahmen oder zu sportlichen Zwecken genutzt. Gewerblich werden sie unter anderem genutzt ? zur Kontrolle der Rotorblätter von Windkraftanlagen,
- zur Kontrolle des baulichen Zustandes von Industrieanlagen,
- für Luftbildaufnahmen von Strom-Überlandleitungen,
- für Aufnahmen zur TV Berichterstattung,
- bei Polizeieinsätzen
- in der Landwirtschaft (Tierschutz vor Ernteeinsätzen).
WANN IST DER AUFSTIEG EINER DROHNE ERLAUBNISPFLICHTIG?
Der Aufstieg eines unbemannten Luftfahrtsystems ist unabhängig vom seinem Gewicht gemäß § 20 Absatz 1 Nr. 7 LuftVO generell erlaubnispflichtig. Der Aufstieg von Flugmodellen ist gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 LuftVO erlaubnispflichtig, wenn
- ein Flugmodell über 5 Kilogramm Gesamtmasse hat,
- ein Flugmodell mit Verbrennungsmotor in einer Entfernung von weniger als 1,5 Kilometern von Wohngebieten aufsteigt,
- ein Flugmodell aller Art in einer Entfernung von weniger als 1,5 Kilometern von der Begrenzung von Flugplätzen aufsteigt,
- Flugmodelle aller Art über Menschenansammlungen betrieben werden.
WER ERTEILT DIE AUFSTIEGSGENEHMIGUNG?
Für die Erteilung der Erlaubnis sind Landesbehörden zuständig nach § 20 Abs. 3 LuftVO. Das sind beispielsweise in Nordrhein-Westfalen die Bezirksregierungen. Aufstiegsgenehmigungen unterliegen einer Gebührenpflicht und werden für einzelne Flüge (Einzelerlaubnis) oder einen bestimmten, befristeten Zeitraum (Allgemeinerlaubnis) erteilt. Für die Erteilung der Erlaubnis muss ein Versicherungsnachweis erbracht werden.
WAS KOSTET DIE AUFSTIEGSGENEHMIGUNG?
Die Gebühren sind je nach Bundesland verschieden. So beträgt die Gebühr für die Allgemeinerlaubnis beispielweise In Nordrhein-Westfalen derzeit 250 Euro und für die Einzelerlaubnis 75 Euro. Nähere Informationen sind bei den zuständigen Landesbehörden erhältlich.
WO DARF NICHT MIT DROHNEN GEFLOGEN WERDEN?
Zum Schutz der Bevölkerung und anderer Luftverkehrsteilnehmer sind beim Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen Grundregeln zu beachten. Nach § 19 Abs. 3 LuftVO ist der Betrieb eines unbemannten Luftfahrtsystems verboten außerhalb der Sichtweite des Steuerers, und wenn das Gerät mehr als 25 Kilogramm Gesamtmasse hat. Der Betrieb erfolgt außerhalb der Sichtweite, wenn das Luftfahrtgerät nicht ohne besondere optische Hilfsmittel zu sehen ist oder die Fluglage nicht mehr eindeutig erkennbar ist (§ 19 Abs. 3 Satz 2 LuftVO). Drohnen dürfen auf dem Modellflugplatz, auf dem eigenen Grundstück und im unkontrollierten Luftraum geflogen werden. Liegt das eigene Grundstück in einer Kontrollzone sind weitere Vorschriften zu beachten.
FLÜGE IN KONTROLLZONEN
Für den Aufstieg von Luftfahrzeugen in der unmittelbaren Umgebung (Kontrollzonen) von internationalen Verkehrsflughäfen, von Regionalflughäfen und von militärischen Flugplätzen sowie bei Flügen in größeren Höhen außerhalb von Kontrollzonen ist eine Flugverkehrskontrollfreigabe der zuständigen Flugverkehrskontrollstelle erforderlich. Nähere Informationen erteilt die Deutsche Flugsicherung.
WER HAFTET FÜR DRITTSCHÄDEN UND BESTEHT VERSICHERUNGSPFLICHT?
Nach § 33 LuftVG haftet der Halter eines Luftfahrzeugs für Personen- und Sachschäden, die durch einen Unfall beim Betrieb des Luftfahrzeugs verursacht werden (Gefährdungshaftung). Nach § 43 LuftVG hat der Halter eines Luftfahrzeugs zur Deckung seiner Haftung auf Schadenersatz eine entsprechende Haftpflichtversicherung zu unterhalten. Die Haftung für Schäden aus einem Unfall ist nach § 37 Absatz 1 a LuftVG bei Luftfahrzeugen unter 500 Kilogramm auf 750.000 Rechnungseinheiten begrenzt. Die Rechnungseinheit ist das Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds (§ 49 b LuftVG). Diese Rechengröße enthält die vier wichtigsten Weltwährungen und wird täglich neu festgelegt. Momentan entsprechen 750.000 SZR etwa 1.000.000 Euro. Im Fall der Tötung oder Verletzung einer Person haftet der Ersatzpflichtige bis zu einem Betrag von 600.000 Euro oder bis zu einem Rentenbetrag von jährlich 36.000 Euro (§ 37 Absatz 2 LuftVG). Darüber hinaus haftet der Betreiber natürlich nach den allgemeinen gesetzlichen Regeln(§§ 823 ff BGB, Verschuldenshaftung).
WELCHE RISIKEN BRINGT DER BETRIEB VON DROHNEN MIT SICH?
Es ist unbestritten, dass mit dem zunehmenden Einsatz von Drohnen auch die Eintrittswahrscheinlichkeit von Personen- und Sachschäden zunimmt. Hier spielt vor allem der menschliche Faktor eine große Rolle. Die überwiegende Anzahl von Drohnen wird von Laien betrieben, die oft keine Erfahrungen im Luftverkehr haben oder Risiken grob unterschätzen. Aussagekräftige Schadendatenbanken existieren derzeit noch nicht.
GAB ES SCHON SCHÄDEN?
In die Schlagzeilen gelangten bisher spektakuläre Ereignisse:
- Im Januar 2015 stürzte eine Drohne auf das Gelände des Weißen Hauses in Washington.
- Im Mai 2015 stürzte eine Drohne auf die A 40 in der Nähe von Bochum.
- Im September 2015 stürzte eine Drohne bei den US Open ab.
- Ende Oktober 2015 verlor ein Kleinkind in England in der Nähe von Birmingham ein Auge durch die scharfen Propeller einer Drohne, nachdem der Pilot die Kontrolle über sein Fluggerät verloren hatte.
- In Seattle im US-Bundesstaat Washington flog ein Drohnenpilot Ende November 2015 sein Fluggerät in das Tragwerk eines Riesenrads. Die Drohne stürzte daraufhin ab und verfehlte die Gäste einer Restaurantterrasse nur knapp.
- Im Dezember 2015 stieß beim Skiweltcup Slalom in Italien beinahe eine Drohne mit dem Slalom Weltmeister Marcel Hirscher zusammen.
- Beinahe Crashs mit Flugzeugen gab es auch im Juni 2014 in London Heathrow, im Juli 2015 in Warschau und im, März 2016 in Los Angeles.
Dass solche Schäden sehr teuer werden können, ist kaum zu bezweifeln. Neben Personenund Sachschäden spielen auch Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch unerlaubte Aufnahmen eine Rolle.
WIE KÖNNEN DIE GEFAHREN EINGEDÄMMT WERDEN?
So verwundert es nicht, dass Pilotenverbände aktiv werden und Mindeststandards für den Betrieb fordern. So fordert die Vereinigung Cockpit e. V.1 u.a.
- ? die Einschränkung der räumlichen Betriebsgrenzen von Drohnen,
- eine automatische Vermeidung von Beschränkungsgebieten (Geofencing s. u.),
- die automatische Stabilisierung im Fall von Kontrollverlust,
- eine Gewichtsbeschränkung für den Betrieb aus luftsportlichen Gründen außerhalb von Modellflugplätzen auf 500 Gramm,
- eine Geschwindigkeitsbeschränkung,
- die besserte Sichtbarkeit von unbemannten Luftfahrtsystemen durch blitzende AntiKollisionslichter,
- einen Beipackzettel beim Kauf von Drohnen, der Rechte, Pflichten sowie Risiken des Betriebs erläutert,
- eine generelle Versicherungs- und Markierungspflicht, so dass der Besitzer und/oder Steuerer zugeordnet werden kann,
- Regelungen für den Nachtflugbetrieb und
- ein verpflichtendes Meldesystem für Vorfälle beim Betrieb.
Tatsache ist, dass sich inzwischen ein ganzer Industriezweig mit der Abwehrtechnik für unbemannte Luftfahrzeuge beschäftigt. Mehrere Hersteller haben ihre Fluggeräte inzwischen darauf programmiert, bestimmte Areale nicht zu überfliegen. Wird die verbotene Zone angesteuert, landet die Drohne oder bleibt wie vor einem unsichtbaren Zaun stehen. Diese Technik, das sogenannte Geofencing, funktioniert derzeit allerdings nur bei GPS gesteuerten Drohnen. Preiswerte Drohnen funktionieren zumeist ohne GPS.
WELCHE VERSICHERUNGSMÖGLICHKEITEN BESTEHEN?
Seit der Änderung der LuftVZO 2005 unterliegen ausnahmslos alle Luftfahrzeuge der Versicherungspflicht. Lediglich bloßes Spielzeug ist davon ausgenommen. Bis zum 10. August 2005 waren nach § 102 Absatz 3 LuftVZO Flugmodelle mit weniger als 5 Kilogramm Höchstgewicht, die nicht durch Verbrennungsmotore angetrieben werden, von der Versicherungspflicht befreit.
Die Abgrenzung, ab wann Drohnen versicherungspflichtig sind, ist jedoch schwierig. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. hat darauf hingewiesen, dass zumindest für außerhalb geschlossener Räume genutzte Drohnen Einigkeit besteht, und dass es sich dabei wegen der erheblichen damit verbundenen Gefahren und den Anforderungen an die Handhabung nicht um Kinderspielzeug handelt. Versicherungspflichtig sind somit auch Flugmodelle bis 5 Kilogramm ohne Verbrennungsmotor, aber mit elektrischem Antrieb, die bis dahin unproblematisch über die Privathaftpflichtversicherung mitversichert werden konnten.
Unabhängig vom Pflichtversicherungserfordernis des LuftVG ist es durchaus möglich, Flugmodelle bis 5 Kilogramm ohne Verbrennungsmotor weiterhin über die Privathaftpflichtversicherung mitzuversichern bzw. alternativ eine Zusatzhaftpflichtversicherung abzuschließen. Bei gewerblicher Nutzung der Drohne ist sowohl eine Versicherungsmöglichkeit innerhalb der Betriebshaftpflichtversicherung, als auch an eine separate LuftfahrtHaftpflichtversicherung auf Basis von Luftfahrthaftpflichtbedingungen möglich.
EIN AUSBLICK
Die Ausführungen zeigen, dass der Einsatz von Drohnen große technische Fortschritte ermöglicht, Schäden aber nicht ausgeschlossen werden können. Der deutsche Gesetzgeber ist gefordert, in Zusammenarbeit mit den betroffenen Verbänden und Institutionen, verbindliche und detaillierte Regeln aufzustellen, um die Risiken zu minimieren. Zudem ist eine Harmonisierung der Vorschriften auf EU-Ebene nötig, da auch innerhalb von Europa mit einem enormen Marktwachstum und der steigenden Anzahl der Geräte zu rechnen ist. Das Bundesministerium für Verkehr plant, dass alle gewerblich und privat genutzten Geräte ab 0,5 Kilogramm künftig kennzeichnungspflichtig werden sollen, um bei Missbrauch oder Unfällen den Verursacher identifizieren zu können. Außerdem sollen neue Regelungen die Gefährdungen im Luftraum und am Boden vermindern. Neben dem menschlichen Faktor und den fehlenden regulatorischen Rahmenbedingungen ist auch die Anfälligkeit für Cyberattacken ein Problem.
Ihre Ansprechpartnerin
Danika Boysen
Tel 04642/9147 58
Bitte beachten Sie, dass die Ostangler Brandgilde VVaG keine Haftung für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der hier bereitgestellten Informationen übernimmt. Insoweit schließen wir die Haftung für einfache Fahrlässigkeit aus, sofern es sich nicht um Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit handelt. In diesem Fall ist die Haftung jedoch auf den Ersatz des vorhersehbaren, typischerweise eintretenden Schadens begrenzt. Im Übrigen haften wir nur bei Vorsatz oder im Falle grober Fahrlässigkeit. (Quelle: Deutsche Rückversicherung)

"Eine gute Versicherung muss zu mir passen – und im Fall der Fälle muss ich mich auf sie verlassen können. Wie auf die Ostangler!"
